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Parapuzosia seppenradensis - Der Riesenammonit von Gosau

Von Dr. Herbert Summesberger

Im Rückblick über Jahre der Bearbeitung (Wiedmann 1978; Summesberger 1979, 1980, 1985,1992; Kollmann 1980, Dhondt 1986, Tröger & Summesberger 1994) zeigt sich, dass die Fundstelle Finstergrabenwandl in Gosau 23 Taxa Ammoniten, 22 Taxa Gastropoda (Schnecken) und ca 50 Taxa Muscheln geliefert hat. Das Belegmaterial befindet sich am Naturhistorischen Museum, das 1971/1972 auch die Grabungscampagne durchgeführt hat. Mit Hilfe der Ammoniten ist es gelungen, das Alter der Fauna mit etwa 84 Millionen Jahren (Obere Kreide, Santonium) zu bestimmen.
Unter den Sammlungsstücken herausragend ist der Gosauer Riesenammonit Parapuzosia seppenradensis (Landois 1895). Mit knapp einem Mater Durchmesser ist er der zweitgrößte Ammonit Österreichs. 1972 - 1974 war er in einer Ausstellung in Wien, Graz, Klagenfurt, Gosau und Hamburg zu sehen. Heute hat er seinen festen Platz in der Schausammlung des Naturhistorischen Museums in Wien (Saal 8).
Nach der aufwändigen Bergung und monatelangem Puzzlespiel mit etwa 500 Fragmenten folgte ein Arbeitsgang, der bei der Ammonitenforschung unerlässlich ist: die Präparation der Lobenlinie. Dies ist die Anwachsstelle der Kammerscheidewand an der Außenwand. Dazu wurde mit wasserfestem Schleifpapier die Schale weggeschliffen. Zum Vorschein kam die letzte Lobenlinie (Summesberger 1979, Taf. 5, Fig. 25), die das Tier während seines Wachstums angelegt hatte. Sie gibt Aufschluss über verwandtschaftliche Beziehungen der Ammonitenfamilien, ein wichtiger Weg zur Bestimmung. Dabei zeigte sich auch, dass nahezu die ganze Wohnkammer erhalten geblieben ist. Die elliptische Verzerrung geht auf den Gebirgsdruck zurück.
Die Bestimmung machte eine Reise nach Münster (Westfalen) nötig, wo am Westfälischen Museum für Naturkunde die Riesenammoniten von Seppenrade ausgestellt sind. Diese wurden vom Museumsdirektor Landois Ende des 19. Jahrunderts geborgen und ausgestellt. Landois konstruierte dazu noch eine imaginäre Wohnkammer und errechnete auf diese Weise den unzulässigen Enddurchmesser von 2.55 Meter. Tatsächlich ist die Wohnkammer komplett erhalten und ein Durchmesser von 1,80 Meter immer noch respektabel. Mit den Riesenammoniten von Seppenrade lässt sich unser Gosauer Stück am ehesten vergleichen, daher gilt der von Landois 1895 vergebene Artname „seppenradensis“. Nowak (1913) ordnete die Ammoniten von Seppenrade seiner neu aufgestellten Gattung „Parapuzosia“ zu.
Die Fundstelle Finstergrabenwandl ist aber nicht nur als Fundort des „Riesenammoniten“ von Bedeutung: Von hier stammen die neu beschriebenen Ammoniten Eulophoceras austriacum (Summesberger 1979), Kitchinites stenomphalus Summesberger 1979 und Placenticeras paraplanum Wiedmann 1978. Diese sind mittlerweile europaweit nachgewiesen worden: Placenticeras paraplanum ist zum Leitfossil für das oberste Santonium geworden (Summesberger 2007).
Die bis über 20 Meter mächtige, markante „Sandkalkbank“, aus der die Fossilien stammen, ist in einem relativ kurzen Zeitabschnitt in geringer Wassertiefe abgelagert worden. Ammoniten, Korallen, Seeigel, Muscheln und Schnecken belegen, dass es sich um ein Meer mit normalem Salzwasser und schwacher Wasserbewegung gehandelt haben muss: Dünnschalige Steckmuscheln sind in Lebensstellung erhalten geblieben. Auch die empfindlichen Wohnkammern der Ammoniten hätten Ferntransport oder heftige Brandungswellen nicht ausgehalten. Die Parapuzosia muss eine Zeitlang auf dem Meeresboden gelegen sein, denn kleine Muscheln, Röhrenwürmer und Bohrschwämme haben sich angesiedelt. In der offenen Wohnkammer fanden sich mehrere kleine Exemplare von Ammoniten und Nautiliden. 

Die Bergung des Riesenammoniten von Gosau

Literatur:
Dhondt, A.V.1984. Bivalves from the Hochmoos Formation (Gosau Group; Oberösterreich, Austria). - Ann. Naturhistor. Mus. Wien,  88: 41-102. – Wien.
Kollmann, H.A. 1980. Gastropoden aus der Sandkalkbank (Hochmoosschichten, Obersanton) des Beckens von Gosau (OÖ). - Ann. Naturhistor. Mus. Wien, 83: 197-213.- Wien.
Landois, H. 1885. Die Riesenammoniten von Seppenrade. – Jahresber. Westfäl. Provinzvereins f. Wissensch. u. Kunst, 23: 1-10. - Münster. 
Summesberger, H. 1979. Eine obersantone Ammonitenfauna aus dem Becken von Gosau (Oberösterreich). - Ann. Naturhistor. Mus. Wien,  82:109-176, 15 pls., 48 text-figs., 4 tab. - Wien.
Summesberger, H. 1980. Neue Ammoniten aus der Sandkalkbank der Hochmoosschichten (Obersanton; Gosau, Österreich) - Ann. Naturhistor. Mus. Wien,  83:275-283, 3 pls., 6 text-figs., 1 tab.  Wien.
Summesberger, H. 1985. Ammonite Zonation of the Gosau Group (Upper Cretaceous, Austria). - Ann. Naturhist. Mus. Wien, 87:145-166, 4 tables. -  Wien.
Summesberger, H. 1992. Pseudophyllites latus (Marshal), Ammonoidea, aus der Sandkalkbank der Hochmoosschichten (Obersanton, Gosau, Österreich). – Ann. Naturhistor. Mus., 94:97-101, 1 pl., 1 text-fig.-  Wien.
Summesberger, H. & Kennedy, W.J. (in prep.) (Lower) Santonian Ammonites from the Gosau Group (Upper Cretaceous, Austria)
Summesberger,  H., Kennedy,  W. J., Kroh, A., Wagreich, M., Tröger, K.-A. & Skoumal, P. with contributions of  Scholger, R., Trenkwalder, M. & Schneider, M. (in prep.).- Integrated Stratigraphy of the Late Santonian (Late Cretaceous) Hochmoos Formation of the Schattaugraben (Gosau Group; Northern Calcareous Alps, Austria)
Summesberger,  H., 2007 (in prep.). Auf den Spuren der Evolution in Oberösterreich am Beispiel der Ammoniten aus der Gosau Gruppe. -  Denisia 20. - Linz
Tröger, K.A. & Summesberger, H. 1994. Coniacian and Santonian inoceramid bivalves from the Gosau-Group (Cretaceous, Austria) and their biostratigraphic and biogeographic significance. - Ann. Naturhist. Mus. Wien 96 A:161-197, 4 pls., 15 tab., 4 text-figs. - Wien.
Weigel. O., 1937. Stratigraphie und Tektonik des Beckens von Gosau. Jahrb. Geolog. Bundesanstalt, 87: 11-40. - Wien.
Wiedmann, J. 1978. Eine paläogeographisch interessante Ammonitenfaunula aus dem Becken von Gosau (Oberösterreich). - Eclogae geol. Helv. 71: 663-675, 2 pls. - Basel.

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